Gig Economy: Selbstständig – aber zu welchem Preis?
Veröffentlicht am 17.11.2025 von Fredy Pillinger, Verkaufsleiter - Bildquelle: Getty Images
Onlineplattformen wie Uber oder Lieferdienste bieten Jobs mit viel Flexibilität – doch die Arbeitsbedingungen haben auch ihre Schattenseiten. Was ist die sogenannte Gig Economy, und was sollten Stellensuchende beachten, bevor sie in diese Form der Selbstständigkeit einsteigen?
Was ist die Gig Economy?
Die sogenannte Gig Economy beschreibt Arbeitsverhältnisse, die auf einzelne Aufträge („Gigs“) basieren. Über digitale Plattformen vermitteln Unternehmen wie Uber, Lieferdienste oder Onlineportale selbstständige Tätigkeiten – häufig ohne fixe Anstellung oder klassische Sozialleistungen.
Für viele klingt das zunächst attraktiv: Keine komplizierten Bewerbungsprozesse, flexible Arbeitszeiten, rascher Einstieg – auch ohne grosse Qualifikationen. Besonders als Zwischenlösung bei Arbeitslosigkeit oder für Wiedereinsteiger kann diese Form des Arbeitens Chancen bieten.
Die Kehrseite der Flexibilität
Hinter dem Versprechen von Selbstständigkeit verbirgt sich jedoch oft ein hohes Mass an Fremdbestimmung. Die Plattformen legen Preise, Arbeitsvorgaben und Zeitpläne fest – wer diese nicht einhält, riskiert, Aufträge zu verlieren oder gar gesperrt zu werden. Gleichzeitig tragen die Arbeitenden sämtliche Risiken selbst: Fahrzeugkosten, Versicherungen, Krankheitsausfall oder Altersvorsorge – all das ist nicht abgedeckt.
Gerade in der Schweiz werden solche Arbeitsmodelle kritisch hinterfragt. So kam der Kanton Genf zum Schluss, dass gewisse Plattform-Anbieter die Kriterien der Selbstständigkeit nicht erfüllen, da die Abhängigkeit zu hoch sei. In solchen Fällen gelten die Arbeitenden rechtlich als Angestellte – mit Anspruch auf Sozialleistungen.
Zwischen Freiheit und Unsicherheit
Wer in der Plattformwirtschaft tätig ist, muss sich bewusst sein: Flexibilität geht oft zulasten der sozialen Absicherung. Ohne Lohnfortzahlung bei Krankheit, ohne bezahlte Ferien, ohne Pensionskasse ist die wirtschaftliche Existenz labil. Besonders problematisch ist, dass viele Betroffene keine Rücklagen bilden können – obwohl sie formal als selbstständig gelten.
Hinzu kommt: Der Marktdruck ist hoch. Wer nicht schnell genug liefert, Aufträge ablehnt oder ausfällt, kann leicht ersetzt werden. Kritik an den Arbeitsbedingungen oder Forderungen nach besseren Rechten werden selten geduldet. Nicht selten verschwimmen die Grenzen zwischen Selbstständigkeit und Abhängigkeit – was in der Schweiz auch rechtlich als Scheinselbstständigkeit bezeichnet wird.
Fazit: Chancen prüfen – Risiken kennen
Die Gig Economy kann eine Chance sein – insbesondere für kurzfristige Einsätze oder zur Überbrückung. Wer jedoch langfristig darauf setzt, sollte genau hinschauen: Sind die Bedingungen fair? Besteht Rechtssicherheit? Gibt es eine Absicherung im Krankheitsfall?
Informieren Sie sich über Ihre Rechte, prüfen Sie das Modell sorgfältig – und lassen Sie sich nicht nur vom Versprechen der Flexibilität leiten. Denn echte Selbstständigkeit bedeutet auch, Kontrolle über die eigenen Arbeitsbedingungen zu haben.